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Getestet: MEGA, der inoffizielle Megaupload-Nachfolger

Exakt ein Jahr nachdem der Filesharing-Dienst Megaupload geschlossen wurde, startete vorgestern dessen inoffizieller Nachfolger. Der Begründer von Megaupload und MEGA ist allen sicherlich gut bekannt: Kim “Dotcom“ Schmitz. Dieser fasst scheinbar die Zwangsabschaltung der US-Behörden im vergangenen Jahr als persönliche Kriegserklärung auf und will nun durchstarten. Wir haben uns MEGA einmal genauer angesehen.

Aber erstmal ein kurzer Blick zurück, was passiert ist. Anfang 2012 wurde das Anwesen des Megaupload-Gründers von einer Spezialeinheit gestürmt. Luxusgüter, Bankkonten und Computer wurden beschlagnahmt. Der folgende Prozess wurde zu einem regelrechten Medienspektakel. Aber es dauerte nicht lang, bis es wieder ruhiger wurde um Kim „Dotcom“ Schmitz, dem in einer 72-seitigen Anklageschrift Urheberrechtsverletzung, Geldwäsche und die Gründung einer kriminellen Vereinigung vorgeworfen wurde.

Schon wenige Monate später, war von dem “großen Schlag“ gegen das Filesharing nicht mehr viel übrig. Durch zahlreiche Formfehler haben sich die Behörden selbst ein Bein gestellt. So wurde Schmitz unrechtmäßig abgehört, geheime Dokumente hätten nicht an das FBI weitergereicht werden dürfen und im September musste sich der neuseeländische Premierminister öffentlich bei „Dotcom“ entschuldigen, der auch wieder auf ein Großteil seines Vermögens zugreifen konnte.

Dieses Geld nutzte er scheinbar, um einen neuen Dienst ins Leben zu rufen: MEGA. Auf einer pompösen Show auf seinem neuseeländischen Anwesen präsentierte Kim Dotcom vor 250 Journalisten seinen neuen Dienst. Dieser will aber nicht mehr als einfacher Filesharing-Dienst verstanden werden, sondern sich mit renommierten Diensten wie Dropbox, Google Drive oder Amazons Cloud Service messen.

Deshalb erinnert die Benutzeroberfläche auch an andere etablierte Speicherdienste. Über den Browser kann man Daten bequem auf das virtuelle Laufwerk schieben und dort auch ordnen. Soweit, so gut – das klingt jetzt aber nach nichts besonderem. Doch das erste Feature läuft bereits beim Hochladen im Verborgenen ab: Die Daten werden bereits Clientseitig verschlüsselt und nicht -wie bei anderen Diensten- erst auf dem Server. Der dafür notwendige Schlüssel wird bei der Registrierung erstellt und ist nur dem Anwender bekannt. MEGA weiß also selbst nicht, welche Daten es speichert. Damit will  sich Schmitz scheinbar vor weiteren Urheberrechtsklagen schützen.

Die „End-to-End“-Verschlüsselung funktioniert aber auch bei nicht registrierten Mega-Nutzern. Hier ist der Schlüssel im verteilten Link enthalten. Was aber die “Sicherheit“ ad absurdum führt, denn so können ihn natürlich auch Rechteinhaber finden – und eine manuelle Löschung der Inhalte per Formular beantragen.

Auch wenn die Daten “anonym“ sind, die Nutzer sind es nicht. Denn in den Geschäftsbedingungen ist folgendes vermerkt: „Kommunikations-Logs, IP-Adressen, Verkehrsdaten und Informationen zur Website-Nutzung“ werden gespeichert und an „autorisierte Wiederverkäufer und Diensteanbieter“ weitergegeben. Man kann also auch davon ausgehen, dass diese Daten ebenfalls an die Behörden gehen, wenn ein Gerichtsbeschluss vorliegt.

Wer MEGA aber wirklich nur für legale Inhalte nutzt und diese mit seinen Freunden teilen will oder sensible Daten mit Arbeitskollegen und Partnern, bekommt mit MEGA aber den derzeit sichersten Filehoster. Auch die Preise sind eine absolute Kampfansage an die Konkurrenz. Einen Basisaccount mit üppigen 50GB Speicherplatz bekommt man umsonst. Für 10 bis 30 Euro pro Monat gibt es zwischen 500 Gigabyte und vier Terabyte zusätzlich. Zum Vergleich: Bei Dropbox kosten 500 GB bereits 38 Euro im Monat.

Der Auftakt jedenfalls lief nach Schmitz Vorstellungen. Innerhalb von 2 Stunden haben 250.000 Neuanmeldungen den Server das erste Mal in die Knie gezwungen. In der Filesharing-Szene ist man allerdings skeptisch. Erstens muss mehrmals bestätigt werden, dass man keine urheberrechtlich geschützten Inhalte hochlädt. Auch gibt es eine Bandbreitenbeschränkung, die sehr schwammig formuliert ist. Die Bandbreite wird mit dem doppelten Volumen des Accountvolumen angegeben. Wer also 50 GB Speicherplatz hat, bekommt 100 GB Bandbreite. Das könnte also bedeuten, dass wenn eine Datei mit 1GB Volumen auf dem Laufwerk liegt, diese nur 100 Mal heruntergeladen werden kann. Ob das jetzt für eine Stunde, einen Tag oder einen Monat gilt, sagt MEGA nicht.

Auch bietet MEGA kein Bonusprogramm wie andere Filesharer, was den Dienst für die Szene nun wirklich unattraktiv macht. Denn es ist eigentlich schon Brauch, dass die Nutzer Geld für eine bestimmte Anzahl an Downloads bekommen. Genau dieses Geschäftsmodell wurde damals auch bei Megaupload kritisiert worden. Man habe damit den Upload begehrter, urheberrechtlich geschützter Inhalte gefördert. Ohne ein solches Bonusprogramm wird es MEGA in der Filesharer-Szene schwer haben. Ebenfalls wird kein Remote-Upload ermöglicht und gibt es auch keine komfortablen Apps für den Upload.

Gut möglich, dass MEGA all diese Funktionen in Zukunft noch nachreicht und wieder so stark wird, wie sein Vorgänger. Aber vielleicht soll der Dienst auch nur der Auftakt für weitere Projekte von Schmitz sein. Er plant schon seit längerem einen Musik-Dienst, der die etablierten Labels umgehen will und die Künstler direkt an den Verkäufen beteiligen möchte. Die Idee ist nicht gerade neu, aber bei Dotcom ist man ja gewohnt, dass er mit dem ein oder anderen (Grauzonen-)Feature seine Kunden, Konkurrenten und Behörden zu überraschen weiß… Wir dürfen also gespannt sein! Wer zumindest MEGA kostenlos nutzen will kann sich unter https://mega.co.nz/#register anmelden.

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